CHRONOLOGIE EINER LEGENDÄREN KAMERA Von der Carl Zeiss Jena-Contax zur Kiev Die Kameramodelle Contax I/II/III aus der Dresdener Produktion und die Contax IIa/IIIa aus Stuttgart sind wohl jedem Photographica-Sammler zum Begriff geworden. Auch über die Namensschwester Contax S, dem Urtyp der SLR-Entwicklung, sind in den vergangenen Jahren einige Berichte verfasst worden. Doch um die Entwicklung der Contax II/III bei Carl Zeiss Jena ranken sich mehr oder weniger Gerüchte oder Vermutungen. Dass die Nachkriegsproduktion der Contax und des millionenfach gebauten Schwestermodells Kiev in Jena begann, bedarf einmal der näheren Betrachtung. Zusammen mit dem langjährigen Contax-Kenner Kurt Jüttner, Offenbach, konnte ich viele von ihm zur Verfügung gestellten Archivunterlagen aus dem Stiftungshaus Carl Zeiss, Jena, einsehen und auswerten. Um eine möglichst klare Darstellung dieses schwierigen Zeitabschnitts deutscher Geschichte geben zu können, habe ich abweichend von bisher von mir veröffentlichten Berichten die Form einer Zeittafel gewählt. [Foto 4 Kameras, Text im Foto] [Carl Zeiss-Raritäten ersten Ranges: die braun belederte und cremefarbig lackierte Contax liegt Im Nummernkreis von 27960 bis 27984 und wurde als Geschmacksmuster auf der Leipziger Messe Im März 1950 der Öffentlichkeit präsentiert] 1940-1945 Die Dresdener Zens Ikon AG produziert die letzten Serien der Contax II/III. Die Kameras tragen de Serien-Kennbuchstaben 0 und M. Die deutsche Bevölkerung konnte zu diesem Zeitpunkt nur Kameras mit einem Berechtigungsschein erwerben, wenn überhaupt zu dieser Zeit der Sinn nach Anschaffung einer neuen Kamera stand. Hauptabnehmer war das Kriegsministerium. Aber es fand auch noch ein Export gegen Devisen ins Ausland statt. Einige Werbeprospekte belegen den Verkauf nach Frankreich, Lettland, Schweden und in die Schweiz. Für Schweden wurde im Februar 1944 sogar ein auf die Contax II/III abgestimmter Prospekt gedruckt, der uns auch einen Nachweis über das Angebot der Sonnare 2/5 cm und 1,5/5 cm und des Weitwinkelobjektivs Biogon 2,8/3.5 cm in T-Optik liefert. Der letzte mir [neue Spalte] vorliegende Sammelprospekt „tusen och ett Motiv“ (Tausend und ein Motiv, C 825 ) datiert vom April 45 und war auch für das neutrale Schweden bestimmt. In diesem, in hervorragender Druckqualität gestalteten Prospekt, wurden auf 16 Seiten u.a. heute begehrte Kameras wie z.b. die Tengoflex, Nettar 516, Tenax l (zweite Ausführung) abgebildet und beschrieben. 12.04.1945 Ein Drittel des Jenaer Zeiss- Werkes ist zerstört. Die Produktion wird bei einem derzeitigen Leistungsstand von 60% eingestellt. 13.04.1945 Amerikanische Truppen ziehen in Jena ein. 16.04.1945 Amerikanische Wissenschaftler [neue Spalte] [Bild schwarze Contax] [Von der schwarzem Version sind bisher zwei Exemplare bekannt geworden. Sicherlich waren auch hier nur wenige Muster geplant Das Normalobjektiv Sonnar 2,0/5 cm wurde ebenfalls schwarz lackiert. Bei den bisher aufgetauchten drei bis vier Exemplaren mit nur schwarzer Frontkappe ist eher davon auszugehen, dass die anderen schwarzen Teile bei der Montage bereits fehlten.] in Uniform nehmen das Jenaer Werk in Augenschein und ordnen die Neufertigung von Luftaufnahme- und Bomben- Zielgeräten an. Waren der Vorkriegsproduktion in Höhe von 13 Mio. RM werden beschlagnahmt und ins „Francfort Arsenal“ nach Dayton/Ohio geschickt. 08.05.1945 Ende der Kriegshandlungen und Kapitulation der deutschen Streitkräfte. 13.05.1945 Ein amerikanischer Offizier teilt der Geschäftsleitung von Carl Zeiss mit, dass ab sofort sämtliche Objektive der hauseigenen Sammlung sowie eine Atelierkamera zu verpacken und abzuliefern sind. 310 von 1500 Positionen von Muster- und Versuchsobjektiven sind auf einer neunseitigen, unvollständigen Liste überliefert. Es gelingt für Carl Zeiss wichtige Objektive besonders zu kennzeichnen und dem Abtransport in de USA zu entziehen. Der Foto-Spiegel Nr. 3 vom Dezember 1947 wird später vom Abtransport von neun Tonnen Sammlungsgut zum Fort Monmouth, New Jersey, berichten Hier sollten die erbeuteten Versuchs- und Musterobjektive der optischen Industrie der Vereinigten Staaten zugänglich gemacht werden. Aber auch das Signalkorps der amerikanischen Armee wird Stücke auf Verwendbarkeit bei der Entwicklung neuer Armeegeräte heranziehen. Vielleicht weiß ein PHOTO Deal-Leser näheres über den Verbleib dieser umfangreichen Kriegsbeute.